Das Thema Mutterschutz wird in vielen Betrieben leider noch vernachlässigt oder vielleicht auch auf die leichte Schulter genommen. Auf der anderen Seite sind Arbeitgeber oft auch verunsichert, was das Thema angeht, da einige rechtliche Vorgaben beachtet werden müssen. In diesem Artikel möchte ich versuchen das Thema Mutterschutz, sowohl aus Arbeitnehmer- als auch aus Arbeitgeberseite verständlich zu machen.
Zuerst einmal ist wichtig zu wissen, dass über allem das Mutterschutzgesetz steht, welches vor einigen Jahren grundlegen novelliert worden ist. Es gehört zu den aushangpflichtigen Gesetzen, der Arbeitgeber muss daher sicherstellen, dass dieses Gesetz für die Arbeitnehmerschaft eingesehen werden kann (zum Beispiel auch online im Intranet o.ä., falls vorhanden).
Die allgemeine Gefährdungsbeurteilung (anlassunabhängige GBU)
Am Anfang steht, wie eigentlich immer in der Arbeitsmedizin, die Gefährdungsbeurteilung, folgend GBU abgekürzt. Wichtig ist, dass die Gefährdungsbeurteilung auch mutterschutzrechtliche Aspekte beinhaltet, egal, ob in einem Betrieb Frauen beschäftigt werden oder nicht. Das heißt, in jedem Betrieb muss eine allgemeine Gefährdungsbeurteilung zum Thema Mutterschutz vorliegen.
Form und Ausmaß sind hierbei nicht festgelegt. Die Mutterschutz GBU kann Teil der allgemeinen GBU oder auch als extra Dokument konzipiert sein. Wichtig ist die schriftliche Dokumentation.
Näheres zum Inhalt der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung -> Hinweis zur Regel vom Ausschuss für Mutterschutz
Die Meldung der Schwangerschaft
Wenn nun eine Schwangere dem Arbeitgeber meldet, dass eine Schwangerschaft vorliegt, ist er in der Pflicht, die Schwangerschaft der entsprechenden Behörde mitzuteilen (welche das ist, ist abhängig vom jeweiligen Bundesland). Hierfür gibt es bei den Behörden entsprechende Meldebögen, die vom Arbeitgeber auszufüllen sind.
Wichtig für die Schwangere, sie ist nicht in der Pflicht ihre Schwangerschaft zu offenbaren. Jedoch können bei Geheimhaltung einer Schwangerschaft keine Schutzmaßnahmen greifen (bspw. bei gefährlichen Tätigkeiten oder auch Nachtarbeit). Dies kann je nach Ausmaß für sie oder das Ungeborene gesundheitliche Folgen haben!
Im Rahmen eines präventiven Mutterschutzes sollte hier die Betriebsärztin bspw. in einer Erstvorsorge, was auch dem Sinn einer ganzheitlichen Vorsorge entspräche, Frauen im gebärfähigen Alter auf entsprechende betriebsspezifische Gefahren hinweisen.
Ein Beispiel wären hier Tätigkeiten mit dem Gefahrenstoff Blei, der schon in geringen Mengen fruchtschädigend sein kann! Verheimlicht eine Frau ihre Schwangerschaft, kann das verheerende Auswirkungen auf das ungeborene Kind haben.
Sobald die Schwangerschaft jedoch bekannt gegeben wird, greifen die „Schutzmechanismen“ des Mutterschutzgesetzes, und zwar nicht nur für die Mutter, sondern auch für das ungeborene Kind! Das heißt auch, dass die Mutter keine Hoheitsgewalt bzw. Verhandlungsspielraum darüber hat, welche Schutzmaßnahmen greifen oder welche nicht.
Möchte der Arbeitgeber, und so ist es ja meistens der Fall, ein ärztliches Attest über eine bestehende Schwangerschaft, so hat er die Kosten dafür selbst zu tragen.
Die individuelle Gefährdungsbeurteilung (anlassbezogene GBU)
Neben der Meldung der Schwangerschaft an die Behörde hat der Arbeitgeber noch weitere Pflichten. Er muss die „allgemeine“ Gefährdungsbeurteilung auf ihre Aktualität und Vollständigkeit hin überprüfen in Hinblick auf die Schwangere. Es erfolgt also nochmal eine individuelle GBU im Abgleich mit der allgemeinen GBU. Es soll ermittelt werden, ob sogenannte unverantwortbare Gefährdungen vorliegen und wenn ja, wie diese beseitigt werden können, sodass die Schwangere idealerweise weiterhin ihrer Tätigkeit nachgehen kann. Auch hier gibt es keine festgelegte Form der Dokumentation. Je nach Gefahrenpotential des Betriebes kann hier eine kurze schriftliche Stellungnahme ausreichen, bspw. im Rahmen einer reinen Bürotätigkeit. Bei anderen Tätigkeiten empfiehlt sich hingegen eine Checkliste oder ähnliches.
Das Ziel vom Mutterschutzgesetz ist neben dem Schutz der Schwangeren und des Ungeborenen allerdings auch, dass der Mutter kein Nachteil entsteht und sie ihre Erwerbsarbeit (oder Ausbildung/Studium) nach Möglichkeit nicht unterbrechen muss.
Kann die Schwangere jedoch nicht gefahrenlos ihrer Arbeit weiterhin nachkommen, so müssen gewisse Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Hierbei ist folgende Reihenfolge zu beachten:
- Falls erforderlich, Festlegung von Schutzmaßnahmen nach dem TOP-Prinzip (technische Schutzmaßnahmen haben Vorrang vor organisatorischen Schutzmaßnahmen, diese haben wiederum Vorrang vor persönlichen Schutzmaßnahmen). Wenn keine Gefährdung, dann Dokumentation, dass keine Schutzmaßnahmen erforderlich sind
- Wechsel der Tätigkeit
- Betriebliches Beschäftigungsverbot (erst, wenn alle anderen Maßnahmen ausgereizt sind oder einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würden)
Weitere Pflichten des Arbeitgebers
Neben der Meldung der Schwangerschaft und der Durchführung der anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber schließlich noch der schwangeren Frau ein Gespräch anbieten und dieses Angebot sollte ebenfalls dokumentiert werden. Hierbei soll die Schwangere bspw. über die Maßnahmen, welche im Rahmen der GBU festgelegt wurden, informiert werden.
Zusammenfassung
Das Vorgehen beim Auftreten einer Schwangerschaft sollte für alle Akteure bekannt sein. Es empfiehlt sich ein Ablaufdiagramm mit Benennung der Verantwortlichkeiten bspw. im Rahmen einer SOP zu erstellen.
- Es muss schon vor Auftreten einer Schwangerschaft eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich schwangerschaftsrelevanter Gefährdungen erfolgen
- Beim Auftreten einer Schwangerschaft muss diese der zuständigen Behörde gemeldet werden
- Es muss für diesen konkreten Fall eine anlassbezogene (individuelle) GBU erfolgen mit Nennung konkreter Schutzmaßnahmen
- Der Schwangeren muss ein Gespräch angeboten werden über…
Weiterführende Literatur und nützliche links: